BürgerInitiative Hochwasser- und Naturschutz

Altrip e.v.

Deichausbau zwischen Deich-km 12,628 (Gaststätte Rheinblick) und Deich-km 14,000

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Limburg-Stemmler,
sehr geehrter Herr Neugebauer,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 11.10.2021, in welchem Sie angesichts der Hochwasserkatastrophen an der Ahr, in der Eifel und in NRW im Juli dieses Jahres Ihre Unzufriedenheit mit meiner Antwort vom 19.01.2021 zum Ausdruck bringen. Insbesondere Ihre Frage, ob angesichts der bisherigen Erkenntnisse aus den dramatischen Ereignissen eine andere Bewertung der Dringlichkeit des Deichausbaus vorzunehmen ist, haben wir mit dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) eingehend erörtert.

Die Hochwassergenese, die Topographie und somit auch die Abflussverhältnisse von Ahr und Oberrhein unterscheiden sich sehr deutlich, so dass das Hochwasserereignis vom Juli dieses Jahres an der Ahr nicht auf den Oberrhein übertragen werden kann. Nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse lassen die meteorologischen Veränderungen, die Zunahme an Dynamik des Wettergeschehens zwar erwarten, dass kleinere Hochwasserabflüsse, das sind Abflüsse mit einer häufigen Eintrittswahrscheinlichkeit, am Rhein deutlich zunehmen werden, diese von den Deichen, Schöpfwerken sowie den Hochwasserrückhaltungen aber gut verkraftet werden können. Bei den Hochwasserabflüssen seltener Eintrittswahrscheinlichkeiten, also extremer Hochwasser, sind zumindest bis zur Moselmündung keine klaren Tendenzen erkennbar.

Es ist unstrittig und bei allen Oberrheinanliegern immer eine eindeutige und klare Position gewesen, dass dazu die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen, insbesondere die zur Herstellung der zwischenstaatlich vereinbarten Hochwassersicherheit erforderlichen Hochwasserrückhaltungen, so zügig wie möglich umgesetzt werden müssen. Dazu gehört auch die Rückhaltung am Standort Waldsee, Altrip, Neuhofen. Dabei ist Rheinland-Pfalz schon weit fortgeschritten und nur noch wenige kurze Deichabschnitte sowie zwei von insgesamt zehn vorgesehenen Rückhaltungen konnten leider noch nicht realisiert werden. Um auch darüber hinaus für die Zukunft noch besser gerüstet zu sein, plant das Land Rheinland-Pfalz bereits heute zusätzliche Reserveräume für Extremhochwasser.

Auf die Ergebnisse der Standsicherheitsbegutachtung zum Deichabschnitt zwischen Waldsee und Altrip, Deich-km 12,628 bis Deich-km 14,00 (Deichabteilung III) möchte ich vor diesem Hintergrund noch etwas detaillierter eingehen. Die in diesem Abschnitt durchgängigen Defizite im Bereich des Freibords wie auch die Defizite in wenigen der untersuchten Querprofilen der landseitigen Berme sind erst bei Hochwasserereignissen relevant, die dem Bemessungsabfluss nahekommen oder diesen gar überschreiten; Somit also in Hochwasserfällen, wo nach den v. g. aktuellen Erkenntnissen keine Veränderung des bestehenden und stets auch kommunizierten Hochwasserrisikos erwartet wird. Wegen der räumlichen Lage und Begrenztheit können diese Defizite durch gezielte Deichverteidigungsmaßnahmen kompensiert werden. Schnelle Wasserspiegelsenkungen, die zu Standsicherheitsdefiziten für die Wasserseite des Deiches führen können, stellen einen wenig wahrscheinlichen Lastfall dar, gerade im Zusammenhang mit besonders hohen Hochwasserereignissen.

Für die Verteidigung der Deichlinie sind die örtlichen Wasserwehren verantwortlich. Planung und Logistik eines Deichverteidigungsfalls sind somit kommunal angesiedelt. Bei Bedarf stehen die Deichmeisterei/Neubaugruppe HWS in Speyer auch gerne für Schulungen zu Deichverteidigung und Beratung im Hochwassereinsatz zur Verfügung.

Angesichts der dargelegten Erkenntnisse bleibt deshalb die Bewertung, dass kein akuter Handlungsbedarf besteht, unverändert.

Im Hinblick auf das wachsende Risiko von Starkregenereignissen und zur besseren Vorsorge vor Hochwasserereignissen unterstützt das Land Rheinland-Pfalz schon seit einigen Jahren die Kommunen finanziell mit bis zu 90 % Förderung bei der Erstellung von Hochwasservorsorge- und Starkregenvorsorgekonzepten. Die Verbandsgemeinde Rheinauen hat hierzu ein Ingenieurbüro zur Erstellung eines Konzeptes beauftragt. In einer solcher Konzeption wird auch die Wechselwirkung mit der geplanten Rückhaltung betrachtet. Sobald Ergebnisse vorliegen wird es auch eine Bürgerbeteiligung geben.

Letztendlich ist es auch unser Anliegen einen wirksamen Hochwasserschutz für alle rheinland-pfälzischen Kommunen am Oberrhein zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Hannes Kopf

 

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